
Meine Rolle – junk miles free
In den Wintermonaten trainiere ich praktisch nur Indoor, aktuell sieben bis zehn Stunden pro Woche. Krafttraining im Fitnesscenter sowieso, aber auch auf dem Laufband und mit dem in meinen Rollentrainer, Marke «Tacx», eingespannten Rennrad. Dieses Rollentraining, zwei bis dreimal pro Woche, hat es in sich. Es ist viel intensiver und vor allem auch mental härter, als wenn ich mit meinem Rennvelo eine grössere Runde auf der Strasse absolviere.
Der Grund liegt darin, dass ich mich drinnen auf der Rolle keinen einzigen Moment mit sogenannten «Junk miles» vergnügen kann. «Junk miles» nennt man unter Radsportlern jene quasi nutzlosen Kilometer oder Momente, während denen wegen äusserer Umstände kein echter Trainingseffekt erzielt werden kann, das heisst, dass dann die Herzfrequenz sofort zurückgeht und die Wattleistung in sich zusammenfällt: Das geschieht bei jeder Abfahrt, oder auch, wenn ich an einem Rotlicht anhalte oder sonst wie daran gehindert werde, mein angestrebtes Tempo gemäss Trainingsplan auf die Strasse zu bringen.
Auf der Rolle muss ich ohne Unterbruch jede einzelne Umdrehung selber drücken, habe zwar nie Gegen- oder Rückenwind, dafür meinen Garmin auf dem Lenkrad, gekoppelt mit dem Tacx, der mir gnadenlos vorgibt, ja mich geradezu zwingt, die gemäss Plan vorgegebene Wattleistung mit den Pedalen so lange zu drücken, bis die nächste Erholungsphase kommt. Zum Glück zeigt mir Garmin jeweils, wie lange es noch dauert.
Die Trainingseinheiten dauern zwischen 60, 90 oder 120 Minuten. Je nach meiner Verfassung kann das gut über die Bühne gehen oder auch elend lange dauern und sehr monoton wirken, obwohl mich tolle, rhythmische Musik begleitet (ohne Musik würde ich es nur schwerlich durchstehen). Der Schweiss trieft in grossen Mengen, etwa 1,5 Liter, wie die Waage mir anzeigt, trotz offenem Fenster. Am Boden liegen am Schluss zwei vollends durchnässte Frotteetücher. Der Lohn dafür: ein tolles Glücksgefühl, es wieder geschafft und ein weiteres Puzzle meiner physischen und vor allem mentalen Kraft gesetzt zu haben.
Ich schätze, dass eine Stunde Rollentraining dieser Qualität etwa zwei bis drei Stunden Radtraining im Freien entspricht. So viele Stunden wie in diesem Winter habe ich noch nie auf der Watt- und pulskontrollierten Rolle verbracht. Coach Dan hat mir letzte Woche gemeldet, mein Herzfrequenz-Delta wäre mittlerweile ziemlich gut. Das will heissen, dass nach harten Intervallen im Übergang zur Erholungsphase der Puls regelmässig und relativ zügig auf das tiefere Niveau zurückgeht und dort auch bleibt bis zur nächsten hohen Welle. Das untrügliche Indiz für eine gesteigerte Fitness. Nächste Woche wird’s wärmer – und bald geht’s hoffentlich wieder hinaus ins Freie fürs Radeln und Laufen.