Bin ich ein Sport-Junky?

Die letzte Woche des Jahres habe ich mehrheitlich mit Herumliegen verbracht. Eine hartnäckige Grippe liess nichts anderes zu, zum Glück ohne Nebenwirkungen wie Glieder-, Kopf- oder andere Schmerzen. Ich hatte mir einige intensive Trainingseinheiten vorgenommen, auf die ich natürlich alle verzichten musste.

In solchen Tagen, wo man sich nur müde und schwach fühlt, kommen fast zwangsläufig schwierig zu unterdrückende Gedanken hoch: Wie stark wird meine Fitness darunter leiden? Werde ich zur gewohnten körperlichen Stärke und Ausdauer zurückfinden?

Diesmal gings ganz gut, Geduld und Vertrauen obsiegten – und siehe da, am 2. Januar 2025 startete ich mit 90 Minuten Krafttraining – und mit einem neuen persönlichen Rekord: 12 Klimmzüge! Nicht schlecht für einen alten Herrn im 79. Altersjahr.

Ohne Krafttraining kann ich mir momentan das Leben gar nicht mehr vorstellen. Es ist eine wunderbare Form der Körperpflege, der Achtsamkeit mit mir und meinem Körper. Wie heisst es doch: Du musst den Körper quälen, sonst quält er dich. Das hat einen wahren Kern. Ich betrachte die Anstrengung im Sport aber nie als Quälen, sondern vielmehr als sinnliche Erfahrung, die mich intensiv und nachhaltig „berauscht“. Nach jeder Ganzkörper-Krafteinheit fühle ich mich leicht und geschmeidig. Dasselbe gilt natürlich auch fürs Laufen und Radfahren. Bin ich ein Sport-Junky? Vielleicht. Meiner Liebsten jedenfalls gefällt es immer wieder von neuem, wie schön mein Sport auf mein Wesen und meine Ausstrahlung wirkt.

Dass ich meine Knieschmerzen nach dem schwierigen letzten Sommer mittlerweile fast komplett zum Verschwinden gebracht habe, verdanke ich den spezifischen Kniekräftigungsübungen. Sie sind hart, aber zeigen Wirkung. Ich bin überzeugt: Wenn ich diese Übungen konsequent durchhalte, sind meine Muskeln rund ums Knie so stark, dass die Arthroseschmerzen keine Chance mehr haben. Und das Laufen macht schon jetzt wieder wirklich Spass – durch die Wintermonate vorerst mit zwei Einheiten von jeweils einer Stunde auf dem AntiGrativy Laufband, bei 85 % meines Körpergewichts. Bei den Intervalleinheiten fühle ich mich oft zurückversetzt in meine jüngeren Jahre als leidenschaftlicher Läufer.

Im kommenden Frühling werden wir dann sehen, wie es ohne Unterstützung draussen im Freien aussieht. Ich bin zuversichtlich.

Tief überwunden – der Zug nimmt wieder Fahrt auf

Seit den im Juni wieder aufgetauchten Schmerzen in meinem linken Knie ist mein Fernziel Ironman 2026 noch weiter in die Ferne gerückt. Soll ich das Projekt am Leben erhalten oder ist es doch zu viel verlangt von mir und meinem Körper. Übermässiger Ehrgeiz?

Eine lieb gewordene Tradition seit einigen Jahren, mit unserer Rapperswiler Velofahrer-Gruppe. Dieses Jahr waren es im Juni zehn Tage quer durch Slowenien, letztes Jahr rund um die Schweiz mit angrenzendem Ausland, ein Jahr zuvor Toscana mit der legendären Route «Strade bianche», 2018 in zweieinhalb Wochen den ganzen Stiefel runter, von Bellinzona bis Palermo, Sizilien. 

Auf dem Velo habe ich gar keine Knieschmerzen. Im Gegenteil: Es hält mein Knie geschmeidig und stärkt die Muskeln rundherum.

Es ist Oktober, ich fühle mich gut und fit. Die Knieschmerzen sind nach vier Monaten ohne Lauftraining wieder weitgehend verschwunden. Krafttraining und die Übungen von Liebscher & Bracht, den Schmerzspezialisten («schmerzfrei 100 Jahre alt werden»), zeigen Wirkung. Und die Motivation, weiter mein sportliches Ziel zu verfolgen, nimmt wieder täglich zu.

Auf Empfehlung von Coach Dan lasse ich mich bei einem Orthopäden und Kniespezialisten untersuchen. Seine Diagnose: Die starke Muskulatur verhindert die Arthrose-Schmerzen. Weiter so mit Kräftigung und Ausdauertraining! Überweisung an den Sportphysiotherapeuten. Hier, bei «Med&Motion», der Topadresse der Therapeuten für Freizeit- und Leistungssportler, lerne ich neue, ganz spezifisch auf mein schwächeres Knie (und als Folge auch mit schwächerer Beinmuskulatur) ausgerichtete Übungen. Die will ich ab sofort konsequent in mein Programm aufnehmen.

Dann eine echte Entdeckung: «Alter G», die «AntiGravity Treadmill», das Laufband, auf dem du mit vermindertem Gewicht trainieren kannst. Die nutzen Laufsportler nach einer Verletzung, um sich sanft wieder an die Belastung und die Schläge auf die Gelenke heranzutasten. Genau das richtige für mich!

Aktuell laufe ich mit einer Belastung von 85 Prozent meines Körpergewichts, das sind also 54.4kg (statt meinen 64kg), jeweils 45 Minuten, abwechselnd z.B. 2min mit 6 km/h, dann etwa 10min mit 10 km/h, das ist ein Tempo von 6min/km. Also im sehr moderaten Bereich. Aber das Gefühl ist einmalig. Ich tauche in meine frühere Zeit als leidenschaftlicher Läufer ein, schone die Gelenke, trainiere sie aber gleichzeitig für kommende Belastungen. So mache ich das jetzt zwei- bis dreimal pro Woche über die Wintermonate.

Beim Lauftraining werde ich extrem mit meinem Alter und dem damit einhergehenden Leistungsabbau konfrontiert. Eine gute Übung, mich damit, ob ich will oder nicht, ganz einfach anzufreunden. Ein Vergleich: Das Lauftempo, das ich im Moment bei heftigster Anstrengung maximal einige wenige Minuten aufrechterhalten kann, bin ich vor 40 Jahren einen ganzen Marathon in drei Stunden gelaufen. Das ist der ewige Kreislauf der Dinge: Wachsen, blühen, verblühen – und weg.

Ich bin dankbar, dass ich mich bis heute noch so gut bewegen kann und Freude daran habe, bis heute ein Leben ohne Schmerz- oder andere Medikamente führe – und das hoffentlich noch eine ganze Weile.

Das will heissen: Der Unterbruch ist überwunden – meine Trainingsreise geht weiter.

















Wie weiter?

Damit habe ich ganz und gar nicht gerechnet. Die ersten Monate mit vorsichtigem Lauftraining über den letzten Winter bis in diesen Sommer hinein verliefen, was die Schmerzfreiheit in meinem linken Problemknie betrifft, vielversprechend. Vor allem, wenn man bedenkt, dass ich zehn Jahre lang praktisch nie mehr sportlich gelaufen bin. Jetzt weiss ich: Die Belastung des Gelenkapparates war nach dieser langen Pause doch zu gross.

Ich bin niedergeschlagen, stelle das ganze Projekt in Frage. Ich muss auf das Lauftraining erst mal komplett verzichten. Ich spüre auch, wie meine Movitation nachlässt, stelle mir viele weitere Fragen. Habe das Gefühl, auch beim Schwimmen kaum Fortschritte zu machen. Was soll dieser Aufwand, wenn das Ziel quasi unerreichbar erscheint? Viele Diskussionen auch mit meiner Liebsten, die immer mit guten und aufmunternden Anregungen zur Stelle ist. „Jetzt nicht gleich die Flinte ins Korn werfen“, rät Coach Dan. Er sieht durchaus Möglichkeiten, das Training so zu gestalten, dass ich mir die ganze Ausdauer mit dem Radtraining aneigne. Und dann am Tag X nach Schwimmen und Rad soviel Vorsprung heraushole, damit ich den abschliessenden Marathon mit zügigem Marschieren noch innerhalb der Cut off-Zeit absolvieren könnte.

Aber eben, erst mal Pause mit Laufen für die kommenden Sommermonate. In meinem Umfeld geht bereits das Gerücht um, ich hätte meine Projekt schon aufgegeben, das sei wohl eine vernünftige Entscheidung. Ich kommentiere das nicht weiter, weil ich mit mir darüber selber nicht im Klaren bin. Mental aufbauen kann ich mich immer wieder mit schönen Radfahrten, allein oder mit Freunden. Mit Krafttraining und gezielten Dehnübungen bleibe ich auch dran.

Geduld ist angesagt! Für die nächste Zeit lasse ich das strukturierte Training komplett aus und beobachte in mir drinnen, wie es mir dabei ergeht. War’s das – oder doch nicht?

Im Jammertal – das Knie

Hochmotiviert nehme ich zu Hause mein Lauftraining wieder auf. Intervalle nach den Vorgaben von Coach Dan. Schon in der ersten Woche spüre ich aber wieder mein linkes Knie. Dahinter steht eine lange Geschichte: 1973 (!) hatte ich beim Skifahren einen heftigen Sturz und dabei mein Knie verletzt. Stunden später war das Knie arg geschwollen, und ich konnte eine Woche kaum noch gehen. Sepp, mein bester Jugendfreund und ebenfalls mit einem Problemknie, hatte genau zu dieser Zeit in der grossen Sportzeitung «Der Sport» vom aktuell besten Sport- und Kniespezialisten Dr. Faber gelesen.

Bald war ich in seinem Sprechzimmer, das vollgehängt war mit Dankesschreiben der berühmten Sportgrössen jener Zeit. Die Diagnose: Meniskusoperation. Der Heilverlauf dauerte nicht lange, und ich fühlte mich befreit. Im gleichen Sommer verbrachte ich, jung verliebt, einen ganzen Sommer mit meiner Liebsten auf der Alp, zusammen mit 160 Rindern und einer Kuh, die wir zu hüten hatten. Täglich viele Stunden die Berge hoch und wieder runter. Das Knie hielt – und in der Folge jahrzehntelang auch bei meinen vielen Marathonläufen. Zwischendurch fühlte ich zwar regelmässig leichte Schmerzen, vor allem beim Berg runterlaufen. Aber die vergingen stets wieder.

Erst gegen Ende meiner letzten Ironman-Wettkämpfe meldete sich mein linkes Knie mit Schmerzen beim Laufen. Das war der Grund, mit Laufen ganz aufzuhören. Ab etwa 2016 nahmen die Schmerzen auch beim Spazieren stark zu, ich begann zu humpeln und dachte schon, ob am Ende ein künstliches Kniegelenk die Option sein würde. Konsultation beim erfahrenen Orthopäden und Sportarzt in St. Gallen. Die Röntgenbilder zeigen: Kein Meniskus mehr, im Knie treffen nur noch Knochen auf Knochen! Ärztliche Empfehlung an mich als Sportler: Viel Radfahren und gezieltes Krafttraining!

Daran habe ich mich konsequent gehalten über die letzten Jahre, diszipliniert Woche für Woche, Sommer wie Winter. Und siehe da, die Schmerzen gingen langsam, aber sicher zurück, bis sie sogar ganz verschwanden. Euphorisiert und stolz auf diesen Erfolg, mir aus eigenen Kräften geholfen zu haben, bin ich vor einem Jahr auf die verrückte Idee gekommen, nochmals einen Ironman zu finishen.

Die dritte Disziplin des Ironman ist das Laufen, ein kompletter Marathon. Ob das nochmals gut gehen kann? Ich weiss es nicht.

Corona Positiv: Zwischen Genesung und Bewegung

Ich komme mir vor wie ein Rennpferd, das ungeduldig mit den Hufen scharrt, bis es endlich losgeht. Der positive Covid-Test von gestern zwingt mich mehr oder weniger zur körperlichen Untätigkeit. Habe etwas recherchiert: Bei mildem Verlauf wie bei mir gilt, dass man, wieder negativ, noch einige Tage warten muss, um mit aktivem schweisstreibendem Training zu starten. Bei heftigem Verlauf entsprechend länger.

Während der Pandemie haben zum Teil bekannte Spitzensportler diese Ruhezeit nicht wirklich ernst genommen und büssten dies mit schwerwiegenden gesundheitlichen Spätfolgen. Alles hat auch seine positive Seite. Ich bin nun wohl für diesen Winter geimpft, was mich zuversichtlich stimmt, auf hohem Niveau meine Trainings durchzuziehen. So sieht’s, Stand heute, nach einem effektiven Start nächsten Montag, 6.11.2023, aus. Das heutige Training kann ich indes problemlos ausführen, zu Hause vor dem Bildschirm. Etwas anstrengend zwar, aber nicht schweisstreibend.

Mit Liebscher & Bracht, dem kreativen und witzigen deutschen Therapeutenpaar, das den Teilnehmenden nichts weniger als «schmerzfrei 100 Jahre alt werden» verspricht. Meine seit 50 Jahren (!) liebste Lebenspartnerin Lucretia schwört schon lange auf die Übungen, hat kaum noch Gelenkschmerzen wie früher und fühlt sich stärker als noch vor Jahren. Dehnen und Kräftigen von Muskeln und Faszien. Die Übungen sind einfach und effizient. Sechs Mal in der Woche früh morgens unter Anleitung sieben Minuten, am Sonntag 30 Minuten. Ich liebe es und fühle, wie ich mich zusehends wieder gelenkiger bewege.

Was man in jungen Jahren getrost etwas vernachlässigen kann, darf man im Alter umso weniger – wenn man, wie ich, den Anspruch hat, noch viele Jahre aufrecht und geschmeidig durchs Leben zu gehen.

Erster Start fällt ins Wasser

Starten wollte ich schon anfangs Oktober. Aber auch dieser Start viel ins Wasser. Denn: Auf meiner wunderbaren und zügigen Etappen-Fahrt in Süditalien mit einer Gruppe leidenschaftlicher Rennvelofahrer bin ich in einer wohl kiesigen und feuchten Kurve mit dem Hinterrad weggerutscht und auf den linken Oberschenkel geknallt, konnte nicht mehr aufstehen.

Zum Glück nichts gebrochen – aber brutale Quetschungen und Blutergüsse. Das hiess: Ein Monat Pause, während es dann auch hier doch so wunderbar herbstlich warm war und meine Kumpels weiter endlos schöne Kilometer abstrampeln konnten, bei denen ich doch so gerne auch dabei gewesen wäre.

Das sind Gelegenheiten, mich mental auf solche Situationen einzustellen und den Schalter auf die positiven Aspekte umzulegen. Resilienz wird für mich wohl noch öfters von entscheidender Bedeutung sein.